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Claus Bach

Bildbewegung        Drehmoment        Ständige Eingriffe

Die Bewegung durch Claus Bachs Bildwelten, als Sequenzen uns vorgegebener möglicher Bildfolgen, hat sich schon seit einiger Zeit selbständig gemacht. Die Entwicklung dahin war kleinschrittig, folgerichtig und befindet sich selbst nun in einer Kreisbewegung, dessen Drehmoment sich im Betrachter festhakt. Sich im Kreis zu drehen hieße ja, sich nicht von der Stelle zu bewegen. Hiervon kann meine Rede nicht sein.

Die frühen Arbeiten Claus Bachs bewegten sich durch eine provinzielle, ostdeutsche Popkultur. Diese war mehr Zitat als Ereignis. Die Beobachtungen jedoch waren detailgenau, witzig und verspielt. Sie spiegelten eine Sehnsucht nach den Vorbildern und reproduzierten dabei auch ständig die eigene Offenheit, die die nächsten möglichen Schritte ahnen ließ, welche im Kopf offensichtlich schon vorgezeichnet waren. Diese frühen Arbeiten waren während Ausstellungen in Studentenklubs, Cafés, privaten Wohnungsgalerien und in den original-grafischen Künstlerzeitschriften ENTWERTER/ODER (hier gibt es bis heute Kontakte), UND, REIZWOLF sowie den selbstverlegten Editionen des Trios Sabine Jahn, Thomas Günther, Claus Bach zu sehen. Interessant war in dieser Zeit die Auseinandersetzung von Bild und Text. In zahlreichen Fotoserien, die sich auch in Mappen heute noch auffinden lassen, hat Claus Bach Lösungen von Text im Bild vorgelegt. Die Zusammenarbeit mit dem Dichter Thomas Günther war diesbezüglich sehr fruchtbar. Hieraus kann, gerade wegen der Zuhilfenahme von bildfremdem Material, auch eine Nähe zu einer bestimmten Erzählhaltung vermutet werden. Ein Hinlenken auf den Gegenstand; ein Deutlichermachen von Zusammenhängen. Diese Vermutung findet ihre Bestätigung in jenen Arbeiten, die als Bildfolgen nun von Claus Bach vorgelegt wurden.

Ersteinmal gab es zusammenhängende Bildreihen mit einem immer wiederkehrenden Bildgegenstand. Daraus entstand die Idee, das Bild aus dem Bild entstehen zu lassen, es zum Bestandteil des folgenden zu machen. Picture on Picture. Diese Bildfolgen summierten sich zu sechs Bildern, die auch in kleinem Format als eine Reihe funktionierten. Diese Form zeigt erste konzeptionelle Überlegungen. Sie taucht später, dann allerdings gestraffter, wieder auf.

Als Spiel eines Eingriffs in das Bild und auch als formal neue Variation von Bild und Text, kann man die Arbeiten der „Lichtspuren“ lesen. Arbeit mit der Taschenlampe, einer Nachtsituation und Filmmaterial. Die Bildmanipulation wurde fortgeführt. In diesem Medium wurden auch die ersten Farbversuche unternommen. Das Aktionsfeld wurde erweitert.

„Kopfkörper“ – diese über mehrere Jahre Claus Bach beschäftigende streng konzeptionelle Serie, bündelte die von ihm unternommene Bildsuche und Erzählweisen der frühen 80er Jahre. In diesen Bildern ist das Erzählfeld reduziert, der Gegenstand der Mensch (einzeln, paarweise, in Gruppen), sein Kopf verschwunden hinter einer Projektionsfläche. Das Individuum wurde durch diese Methode jedoch nicht aufgehoben, ein wichtiger Teil ihm zwar genommen, doch wird dieser ersetzt durch die „Tafel“ des Künstlers, die es ihm nun erlaubte, sich erneut ins Spiel zu bringen. Anfangs erinnerte die Herangehensweise an eine Kossuth-Methode, löste sich jedoch schnell davon und die Bildidee wurde konsequent in Variationen durchgearbeitet. Die erste Serie entstand im realen Umfeld, in der Natur, in der Stadt, vor dem Haus usw. und wurde in schwarz/weiß realisiert. In den farbigen Arbeiten wurde der Rest des Individuums getilgt. Die Durchführung wurde ebenfalls aus dem Realen in den Kunstraum verlagert. Dieser Kunstraum wurde zur nächsten Additionsfläche Claus Bachs. Figuren agieren in weißen Kitteln vor einer Leinwand, die Bild und Filmleinwand zugleich ist. Die hier geschaffene Kunstwelt hat nur noch formale Berührungen mit dem Ursprung dieser Serie. Der Gegenstand Mensch ist fast verschwunden.

Die künstliche Welt wird von Claus Bach als große Möglichkeit begriffen und auch deutlich erweitert, die Serie der „Sprechenden Strukturen“ führte ihn jedoch wieder hinaus ins Feld und wieder ins Schwarz/Weiß. Kunstwelt und Natur im Gegenüber. Technische Strukturen, die ohne uns Menschen so nicht vorhanden wären, wurden auf quadratischem Bildformat abgezogen und als Kruzifix angeordnet in die Umwelt gestellt. Botschaft und Mahnung, Entfremdung und Konflikt symbolisierend.

Dieses Bauen von Figuren hat wieder einmal den Blickwinkel und die Möglichkeiten erweitert und führte zu den „Knallkörpern“. Scherenschnitt oder Comicfigur? Die Flächen der Figuren bestanden aus Fotomaterial, das wiederum aus dem Fundus der Strukturen stammte, aber angereichert wurde durch eine Vielzahl anderen Materials. Die Figur verdrängte die Strenge der Materialwahl. Wie mit einer Zackenschere ausgeschnitten ließ sie eine Ahnung von Schneiderwerkstatt wach werden. Sieben auf einen Streich? Erst als kleine Figuren vor die Kamera montiert und nun auf Motivsuche, verselbständigten sie sich, wurden sie zu überlebensgroßen Figuren. In Ausstellungen hingen sie von Decken und an Wänden, als Multiple rief sie zum Selbermachen und zur Nachahmung auf. Die Figuren begannen ihrerseits zu agieren. Die Bilder waren längst in Bewegung. Der Enge des quadratischen Fotoabzugs entkommen, durchschritten sie Zentren deutscher Städte. Der Kontakt zum Medium Video war bereits hergestellt – hier wurde es als ein entsprechendes eingesetzt. Der Videoclip wurde ein weiterer Bestandteil der Arbeit Claus Bachs. Ein erster Höhepunkt ist hierbei das Video „Entscheidungsreue“. Eine Vertreterlitanei, entnommen einem Lehrbuch für Handelsreisende und -vertreter, kommentiert scheinbar die Bewegungen der „Knallkörper“. Der Text wird vor diesen Bildern zum ironischen Kommentar eines allein an Verkauf orientierten Kunstmarktes, dessen Objekt eine Wertsteigerung verspricht und sich von einer Aktie nicht mehr unterscheidet.

Neuere Videoarbeiten, an denen Claus Bach nur, aber immerhin, konzeptionell Anteil hatte, scheinen mir in eine Sackgasse zu führen oder anders gesagt, sie befinden sich auf anderem Terrain. Sie sind balladesk, mit einer anrührenden, das vereinzelte Subjekt hilflos in seine Konditionen stellenden Optik, das sie mich an ostdeutsche 8- und 16-Millimeter-Filme der 80er Jahre erinnern lassen. Hier taucht ein den bachschen Arbeiten ansonsten fremdes Pathos auf, dem jeglicher Witz fehlt.

Der nächste Schritt beim Sezieren der die Menschen gestaltenden Verhältnisse, wurde beginnend 1994 mit der Serie „Instant“ vollzogen. Vom Lebendigen bleibt der Ein- oder auch Kleinzeller übrig. Begriffen als etwas Ursprüngliches, hängt er hier abgebildet auf Positivfilm zwischen Metallstangen, über denen sich „Nachrichten“ der als strategisches Weichziel begriffenen Kreatur Mensch im Kreise drehen. Das Lesen der Tafeln gelingt nicht mit einem Mal, die Kreisbewegung ist zu schnell, um den Text gleich zu erfassen. Die Mühe darum wird jedoch nicht belohnt. Da ist nur noch Langeweile und die Aggression aus ihr. Das gilt für viele Bilder unserer Konsumwelt ebenso. Die Bildflüchtigkeit ist Bestandteil und Ergebnis dieses Konsums. Es lohnt eben nicht mehr, Zeugnisse des „ex und hopp“ überhaupt wahrzunehmen. Auch die Medien, die dieses täglich tragen – es lohnt nicht der Mühe. Der Kreisel dreht sich immer schneller und nunmehr nur noch nach innen. Die Katastrophen sind übrig geblieben und stehen Schlange. Aber auch sie sind der Mühe nicht mehr wert.

Neben „Instant“ zählt das „London-Project“ zu den neuesten Arbeiten. Gemeinsam mit der Engländerin Elizabeth – Jane Grose, die das ACC-Stipendium in Weimar erhalten hatte und dort auf Claus Bach stieß, stellte er jüngst in der Galerie EIGEN & ART in Leipzig aus. Die Engländerin holte sich aus dem Spannungsfeld des Wörtlichnehmens von deutschen und englischen Idiomen sowie aus deren unterschiedlichen Bedeutungen in beiden Sprachen ihre Gestaltungslust. Da hing ein T-Shirt aus Teebeuteln neben einem Glockenrock, welcher aus Marmor gehauen war. Auf Farbfotos waren Brillen zu sehen, in denen anstelle der Gläser Feldfrüchte gestopft waren. Eine Variation zum Thema Feldstecher usw. .

Während der Vorweihnachtszeit 1994 waren beide in London gemeinsam über Flohmärkte gelaufen und hatten dort kleine leuchtende Gegenstände erworben. Kitschiger Zierat, eigentlich zu nichts nütze. Drapiert auf den Körper der beiden, wird er allerdings Bestandteil eines witzigen Spiels, das von Annahme, Identifikation und Fetischen erzählt. Wenn die Dinge es schon nicht zum Ornament schaffen, so wird das einzelne doch zum umworbenen Objekt. Kleinformatige, farbige Fotos legen darüber Zeugnis ab. Die Leuchtkörper bleiben dem body fremd. Die Libido hält sich in Grenzen. Es mußte ausprobiert werden. Das Spiel bleibt.

Die Arbeiten von Claus Bach waren in der ACC-Galerie, Weimar, den Brandenburgischen Kunstsammlungen, Cottbus, der Galerie EIGEN & ART, Leipzig, zu sehen und sind nun vom 03.06. bis 30.07.1991 in der Staatlichen Galerie Moritzburg, Halle, ausgestellt. Die Ausstellungen begleitet ein Katalog.

Kurt Buchwald und Claus Bach: STUNTS im Museum Junge Kunst, Frankfurt / Oder

Kurt Buchwald. Claus Bach. Stunts. Stunts? Im Museum? Warum? Was ist da so gefährlich? Und für wen? Sind die Künstler die Stuntmen oder haben dieselben um Unterstützung angesucht? Bei wem? Wer macht wem etwas vor? Sind wir die Zuschauer oder sind wir Akteure? Übernehmen wir, das Auditorium, eine Ersatzhandlung an Stelle der gesamten Öffentlichkeit? Ersatzhandlungen? Dazu vielleicht später mehr. Das Spiel ist offen und beide Künstler geben uns mit diesem Titel eine Handreichung doch nachzufragen, mit wem und womit wir es hier denn tatsächlich zu tun haben. Gibt es auch da mehrere Möglichkeiten? Claus Bach, woran erinnert Sie dieser Name? Noch dazu in einem Museum, welches an der Bach-Straße liegt und unweit eines großen Flusses? Richtig, an den Autor gleichen Namens der nicht vergessenen Bücher „Rugby verständlich gemacht.“ oder „SportRegeln: Rugby Die offiziellen Regeln.“ oder einfach „Rugby“ (alle 1992 erschienen). Und Buchwald? Vom Wald einmal abgesehen, welcher Sportsmann ist da gemeint? Oder doch das Café gleichen Namens in Berlin Tiergarten unweit der Spree mit dem hochgerühmten, nach Cottbuser Variante, schwerer als die Salzwedeler Art übrigens, seit 1852 hergestellten Baumkuchen? War das schon die erste Werbeunterbrechung? Hilft uns das weiter?

Zwei Fotografen, zwei Künstler, die sich aus den subkulturellen Zusammenhängen der 80er Jahre in der DDR kennen. Beide damals binnen kurzem auf der Suche nicht nur der Enge der Verhältnisse sondern auch dem scheinbar Festgefügten künstlerischer Vorstellungen der Altvorderen zu entkommen. Dabei gibt es große Schnittmengen. Beiden reicht schon bald das fotografische Einzelbild nicht mehr, Bildserien folgen. Deren logische Folgerungen und nächste Schritte sind, fast zwangsläufig, der Film, das Video. Objekte fallen an. Sie sind innehaltende Geste, Performancerest, dinggewordene Idee, Wegmarkierung. Mehr als Störfeld denn als Orientierungshilfe. Diese Logik heißt nicht, dass das Eine das Andere ablöst. Die Dinge behaupten sich und ihren Platz und zwar nebeneinander. Wahrnehmungen und Wahrnehmungsmuster werden untersucht. Das verbindet.

Wahrnehmung: Form der ideellen Widerspiegelung der objektiven Realität vermittels des Zentralnervensystems der Tiere und der Menschen. Da haben wir’s. Ohne sie kein Überleben. Sie ist dem Leben wesenseigen. Was übrigens ständig als bedingt reflektorischer Akt nach dem Prinzip der Rückkopplung in Teilen der Großhirnrinde passiert, als Synthese von Reizen aller Rezeptoren. Es steht also gar nicht die Frage im Raum, ob wir diese Mittel der Weltaneignung, die uns zur Verfügung stehen, einsetzen oder einzusetzen bereit sind. Wir tun es unablässig – es passiert.

Dennoch ist Täuschung möglich! Wie wir wissen, sind wir zumindest hinreichend genug geschützt, da unsere Wahrnehmung einen bewussten Charakter hat und diese mit den bereits erworbenen Erfahrungen korreliert. Wir schaffen so Abbilder der objektiven Realität, vermittelt durch die eigene subjektive Erkenntnistätigkeit. Sie sehen, es handelt sich um eine Einheit von Objektivem und Subjektivem. Das ist Wahrnehmung. Wir können ohne sie nur sehr eingeschränkt sein. Wir nehmen alle permanent wahr. Und zwar mit allen Sinnen. Ein Sonderfall ist diese Situation hier heute Vormittag in der wir alle vorgeben, an demselben wahrzunehmen bereit und interessiert zu sein. Deswegen sind wir ja schließlich hier. Das schöne daran ist nun, das die Ergebnisse dessen nicht dieselben, ja nicht einmal die gleichen sind, sich vielleicht nicht einmal ähneln. Sie sind genau so viele male verschieden, wie wir Besucher hier sind. So sind wir. So ist der Mensch. So ist die Welt.

Das bringt eine Menge Probleme mit sich, sorgt aber auch für Abwechslung. Wir sind immer wieder dabei dies erneut zu lernen. Unsere Mittel: Vertrauen, Geduld, Wiederholung, Kommunikation. Im Mittelpunkt dieser Ausstellung stehen Videos. Stehen? Sie stehen nicht, sie laufen, also die Bilder. Sie merken schon, es ist schwierig. Unsere Sprache läuft den Ereignissen hinterher. Ein Video muss wiederholt werden, damit es präsent bleibt. Es ist zur Wiederholung gezwungen. Dies scheint eines seiner Prinzipien zu sein. Weil sich in ihm Bilder aneinanderreihen, sie nacheinander entstehen und wieder verschwinden und dabei schließlich Zeit vergeht. Es hat dadurch mehr mit Musik zu tun, mit Theater auch. Das das Zeit braucht ist uns immer etwas unangenehm. Da wird uns etwa eine Verweildauer vorgeschrieben. Einem anderen Kunstwerk, einer Plastik, einem Bild würden wir die Wiederholung als inhärenten Bestandteil gar nicht unterstellen wollen, nicht wahr? Dabei vergeht doch bei der Wahrnehmung desselben ebenso Zeit. Nur, weil wir, was die von uns aufgewendete Zeit angeht, selbst entscheiden können, Zeit als Wahrnehmungsdauer nicht implantiert scheint, urteilen wir hier anders. Würde man diese Zeit allerdings auch solchen Kunstwerken zuschreiben, natürlich nach bestem Wissen und Gewissen eines Kurators oder vielleicht sogar nach einer Empfehlung des noch lebenden Künstlers, wie wären wir irritiert und würden von Anmaßung sprechen. Ein Beispiel? Vielleicht so: Peter Herrmann „James Ensor träumt Magritte“, 2006, 7 Minuten. Das wäre doch merkwürdig, oder. Man würde schnell Demokratie im Museum einfordern und von Freiheit reden usw.. Also: … Stunt, englisch. Wir schlagen nach: Bedeutung 1 – 1. hemmen (im Wachstum, in der Entwicklung etc.) 2. verkümmern lassen, verkrüppeln Und Stunt, englisch. Bedeutung 2 – 1. Kunststück, Glanzstück, Kraftakt; 2. Sensation a) Schaunummer, b) Bravourstück, c) Schlager Wie bekommen wir das zueinander? Nur zusammengenommen interessiert uns das. Ist es nicht so, dass unsere Fähigkeiten verkümmern, wenn uns alles abgenommen wird und wenn wir uns alles abnehmen lassen. Und dies zu dem, wenn uns dann von irgendwelchen Leuten genau dies vorgemacht wird, und zwar perfekt. Eine Stellvertreterhandlung die abschreckt. Eine Täuschung, die mit unserem Leben nichts zu tun hat. Eine Irritation, die ein Double erzeugt, das wir nicht brauchen, aber andere vielleicht benötigen, zumindest etwas schlaglichtartig deutlich macht. Also ein Spiel.

Buchwald ordnet ganze Werkgruppen unter einem „Kreis der Wahrnehmung“. Was wir hier sehen gehört ausnahmslos dazu. Die drei Kästen mit den Installationen, die jeweils nur das Hineinsehen einer Person zu lassen: – embryonaler Grund: rundes, grünes Unbekanntes. Wie ein Blick zurück in die Ursuppe. Erhalten wir hier Zeugnis vom Beginn des Lebens? – inkonto / Begegnung: Buchwald sucht Orte der Kindheit auf: Schatten auf einer Wiese, Spiegelung im Elbwasser, eine Hauskante, eine Brustwarze? Erinnerungsort? Sehnsuchtsfolie? – mundi circolare: scheinbare und reale Erdbeobachtungen / egal wo / erneut finden wir hier Hinweise auf Elementares, auf fremde Welten / verbrannte Böden 2 Objekte – Große Scheibe. Die in unsere Wirklichkeit gestellte große Blende eines Fotoapparates, die mehr verstellt als offen legt und doch durch den erzwungenen Ausschnitt uns zur Konzentration zwingt. Die Frage die sich dabei einstellt: Was leistet Fotografie und was eben nicht? – Der Hofstaat / Röhrenstaat: Müssen Sie auf der einen Seite nicht auch an die Dekadenz des grünen Gewölbes in Dresden und zwar an „Der Hofstaat des Großmoguls Aureng Zeb“ von Johann Melchior Dinglinger von 1701 – 1708 denken? Und auf der anderen Seite? Die gewollte, durch die Medien hergestellte Einschränkung unserer Wahrnehmungsfähigkeit.

Claus Bach zeigt uns hier einige seiner „Instant“ genannten Objekte. Ich schrieb dazu vor einiger Zeit folgendes: Der nächste Schritt beim Sezieren der die Menschen gestaltenden Verhältnisse, wurde beginnend mit der Serie „Instant“ vollzogen. Vom Lebendigen bleibt der Ein- oder auch Kleinzeller übrig. Begriffen als etwas Ursprüngliches, hängt er hier abgebildet auf Positivfilm zwischen Metallstangen, über denen sich „Nachrichten“ der als strategisches Weichziel begriffenen Kreatur Mensch im Kreise drehen. Das Lesen der Tafeln gelingt nicht. Die Kreisbewegung ist zu schnell, um den Text zu erfassen. Die Mühe darum wird nicht belohnt. Und nicht zuletzt das Video: Weimarer Stadtrundfahrt Wir sehen die Bilder der Fahrt einer Spezialkamera durch die Weimarer Kanalisation. Dabei hören wir die Stimme einer Weimarführerin, die uns links und rechts mit den weithin bekannten Immobilien der Weimarer Klassik bekannt zu machen glaubt. Die Weimarer Verhältnisse, dieser musealen Kruste, diesem verwalteten ewig rückwärtsgewandten Totenkult, so statisch wie statistisch auf diese Weise zu unter„wandern“ , bedurfte einer Ironie auch gegenüber der eigenen Herkunft und schuf so eine Parodie, die in Weimar für Aufregung sorgte und ansonsten für Übersetzungen ins Spanische, Englische und Italienische. Und aufgepasst: die Orte der Bilder im Untergrund sind mit den tatsächlichen Orten über diesem, von denen die Rede ist, in Kongruenz gebracht. Das ist im Übrigen ein Grundprinzip aller Arbeiten hier. Die Wechselwirkungen mit der Wirklichkeit treten offen zu Tage, und da, wo sie uns absurd und abseitig erscheinen, ist diese Absurdität nicht im Kunstwerk, sondern immer in der Wirklichkeit zu finden, die letztendlich durch nichts zu überbieten ist.
Uwe Warnke

Eröffnung am 03.06.2007, 11 Uhr, im Museum Junge Kunst Frankfurt/Oder.

Uwe Warnke